Sinnvolle Arbeit kreieren

doc-icon_bye_Chris_ScholtenLohnt es sich, heute ein Geschäft aufzumachen? Oder: Wie können wir alle zu einer gesunden Wirtschaft beitragen und sicherstellen,
dass die Früchte unserer gemeinsamen Arbeit an allen Menschen gerecht geteilt werden?


von Rebecca Walkiw
übersetzt aus dem Englischen von Jurij Walkiw
 
Bei immer weniger Jobs und einer stets zunehmenden Bevölkerungszahl weltweit, ist es heute tatsächlich einfacher, ein Geschäft aufzumachen, als ein Job zu finden, wovon man leben kann. Der Grund dafür ist einfach: Unsere globale Wirtschaft beruht auf dem Mythos der unbegrenzten Naturressourcen, einer unbegrenzten Marktexpansion und eines unbegrenzten Wirtschaftswachstums. In Wirklichkeit jedoch leben wir auf einem Planeten von begrenzter Größe mit begrenzten Ressourcen und begrenzten Möglichkeiten der Marktexpansion. Infolgedessen steigt die Nachfrage nach allen Lebensnotwendigen, darunter auch Jobs, mit der wachsenden Bevölkerung weiter, obwohl die natürliche Kapazität, diese Nachfrage zu befriedigen, vor einigen Hundert Jahren bereits überschritten wurde, als unsere Globalbevölkerung die erträgliche Grenze für eine optimale Entwicklung des menschlichen Lebens in Harmonie mit der Natur überschritt. Seitdem sind unsere Naturressourcen auf ein Niveau herabgesunken, das die einst große Vielfalt der Flora und Fauna auf Erden nicht mehr tragen kann und das Bestehen von zahlreichen anderen Lebens-formen auch bedroht, einschließlich des Planeten selbst (siehe „Stirbt unser blaue Planet?“ Heinz Haber).
 
Unbegrenztes Wirtschaftswachstum ist kein Naturgesetz, sondern ein vom Menschen geschaffenes Prinzip, das dem Wunsch entspringt, Reichtum und Macht anzuhäufen. Dieses naturfremde Prinzip hat unsere Wirtschaft in einen Zustand der Stagnation geführt, bei dem 20 Prozent der Globalbevölkerung nunmehr 86 Prozent des globalen Reichtums besitzt. Solch ein System widerspricht natürlich den Gesetzen der Logik und ist zum Scheitern bestimmt, weil die daraus gewonnenen Profite bzw. die Früchte der arbeitenden Bevölkerung nur einer privilegierten Minorität zugute kommen. Infolgedessen wächst nur das Vermögen der bereits sehr Vermögenden, während beinah die Hälfte unserer globalen Familie in Armut versinkt und unterjocht wird. Solche Bedingungen bereiten zudem einen fruchtbaren Nährboden für Tyrannen und Diktatoren.
 
Im Gegensatz dazu ist die Arbeit ein notwendiger Bestandteil des menschlichen Fortschritts und ist die Wurzel von Gesundheit und Wohlstand. Ohne sie vermag keine Lebensform und kein Sozial- oder Wirtschaftssystem sich selbst zu erhalten. In einer Zeit großer sozialer Veränderungen ist es daher wichtig, den Wert von Arbeit in unserer Gesellschaft zu überdenken. Die Arbeit ist ein natürliches Recht und eine natürliche Pflicht jedes Menschen, durch die der Einzelne seine erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten einsetzt, um wichtige Funktionen in der Gesellschaft zu erfüllen. Auf diese Weise fördert der Einzelne nicht nur die eigene Entwicklung und das eigene Wohlergehen, sondern trägt auch zum Fortschritt und Wohlergehen der ganzen Gesellschaft bei.
 
Unsere Gesellschaft kann in einer beständigen Form nur bestehen und sich weiter entwickeln, wenn wir alle mit anpacken und für das gemeinsame Wohl aller Menschen zusammenarbeiten, jeder nach seinen Fähigkeiten. Wenn wir uns eine blühende Wirtschaft wünschen, müssen wir damit anfangen, unsere Ressourcen mit Weisheit zu benutzen und allen Mitgliedern der Gesellschaft sinnvolle Arbeit zu schaffen (siehe „Gleichheit für alle“). Der erste Schritt zur Verwirklichung dieses Ziels wäre es, unsere Bevölkerungszahl wieder im Gleichgewicht mit der Natur zu bringen. Das wiederum kann nur durch öffentliche Aufklärung und einen globalen Konsens über die Einführung eines humanitären Programms der globalen Geburtenkontrolle erreicht werden. Für weitere Informationen über mögliche Wege zur Erreichung einer ausgeglichenen Weltbevölkerungszahl, siehe www.figu.org/us/overpopulation/birthrate_check.htm. Zweitens müssen wir sicherstellen, dass jedes Kind die bestmögliche Bildung erhält, um die notwendigen Kenntnisse, Fähigkeiten und menschliche Werte zu erwerben, die es benötigt, um ein pflichtbewusster Bürger und ein wertvolles Mitglied der Gesellschaft zu werden. Geld in Eliteschulen für privilegierte Minoritäten zu pumpen, führt zu keiner Verbesserung unserer schwankenden Wirtschaft. Dadurch vergrößert man nur die bereits herrschende Ungleichheit und verschlimmert sogar die gegenwärtige Lage. Alle unsere Kinder sind gleich wertvolle Menschen, unabhängig von allen Unterschieden, und jedes Einzelne von ihnen, ohne Ausnahme, sollte gleichermaßen unterstützt werden und die bestmögliche Bildung erhalten, um seine Fähigkeiten zu ihrem vollsten Potential zu entwickeln.
 
Jedes System lebt vom Gedanke, dass der Einzelne seine Fähigkeiten der Gesellschaft zur Verfügung stellt, um notwendige Aufgaben zu erfüllen, und somit im Geist des gemeinsamen Wohls arbeitet. In Anbetracht dessen sollte kein System von Einzelpersonen oder einer privilegierten Minorität dazu missbraucht werden, um privates Reichtum und persönliche Macht anzusammeln. Außerdem hat jede Einzelperson das Recht sowie die Pflicht, für ihren Lebensunterhalt zu arbeiten und ihr Potential als menschliches Wesen zu entwickeln. Infolgedessen sollte jede Einzelperson gleichermaßen unterstützt werden in ihren Bemühungen eine sinnvolle Arbeit zu erwerben, bei der sie ihre individuellen Fähigkeiten zugunsten aller anwenden und entwickeln kann. Nur dann kann sich unser System wirklich entwickeln und zu einer starken und florierenden Gesellschaft wachsen, in der alle menschlichen Bedürfnisse gleichermaßen erfüllt werden, alle Menschenrechte gleichermaßen respektiert werden und alle Menschen die gleiche Entlohnung für die gleiche Mühe von den Früchten ihrer gemeinsamen Arbeit erhalten. Diese Vision ist keine Illusion, sondern ein auf Logik aufgebauter, erreichbarer Traum, der mit der notwendigen Weisheit, Selbstbestimmung und harter Arbeit verwirklicht werden kann.
 
1962 hatte eine Gruppe von Studenten in Port Huron/Michigan eine ähnliche Vision und stellte sich selbst die Aufgabe, ein Programm für ihre Generation zu erstellen, um auf die Verwirklichung dieses Traums hinzuarbeiten. In einer öffentlichen Erklärung, bekannt als die Porthuron-Erklärung, in der sie ihre Ziele formulierten, stellten sie sich ein System vor, welches „die in Besitz, Privilegien oder Umständen gründende Macht durch eine in Liebe, Nachdenklichkeit, Vernunft und Kreativität gründende Macht und Einzigartigkeit ersetzen würde“ (siehe tomhayden.com/porthuron.htm). Wenn Macht nur zur Erlangung materiellen Gewinns verwendet wird, wird sie zu einer Kraft der Korruption, Versklavung, Ausbeutung und Unterdrückung. In einem System, das von Vernunft und Liebe geleitet wird, darf Macht also nur verwendet werden, um Wissen und Weisheit zu erwerben und den menschlichen Fortschritt zu fördern. In dem von den Studenten in Port Huron vorgestellten System, würden die einfachen Bürger am Entscheidungsprozeß der Regierung mittels öffentlicher und zu diesem Zweck gebildeter Gruppierungen teilnehmen und so an den sozialen Entscheidungen mitbeteiligt sein, die die Qualität und die Richtung ihres Lebens bestimmen. Die Studenten von Port Huron stellten sich ferner ein Wirtschaftssystem vor, das auf folgenden Prinzipien beruht: „dass Arbeit weiter reichende Anreize bieten sollte, als nur Geld oder Überleben. Sie sollte erzieherisch und nicht verdummend sein; kreativ, nicht mechanisch; selbst bestimmt und nicht fremdbestimmt; sie sollte zur Unabhängigkeit anregen, zum Respekt für andere, zu einem Gefühl der Würde und der Bereitwilligkeit, soziale Verantwortung zu übernehmen, denn diese Erfahrungen sind es, die einen entscheidenden Einfluss auf Gewohnheiten, Vorstellungen und die individuelle Moral ausüben.“
 
Im Gegensatz zu den heutigen Wirtschaftsprinzipien der globalen Marktexpansion und der Profitmaximierung, wodurch immer mehr Arbeitskräfte auf den Status von Produktions- und Dienstmaschinen herabgesetzt werden, die man nach Belieben benutzen oder wegwerfen kann, fördern die oben genannten Prinzipien die Entwicklung ausgereifter, kreativer und sozial verantwortlicher Bürger, die ihrerseits die Entwicklung einer gesunden Wirtschaft und einer menschlichen Gesellschaft fördern. In Übereinstimmung mit dem Geist dieser Prinzipien, versuchen wir uns eine Gesellschaft vorzustellen, die auf Menschlichkeit sowie der Pflege universeller Menschenwerte wie Wissen, Weisheit, Wahrheit, Liebe, Logik und Gerechtigkeit aufgebaut sei. Stellen wir uns eine Gesellschaft vor, deren höchste Priorität es sei, die Bedürfnisse ihres Volkes zu erfüllen sowie menschlichen Fortschritt zu fördern, unter Beibehaltung ihres Gleichgewichts mit der Natur; eine Gesellschaft, in der das Individuum, seinen Fähigkeiten entsprechend, verschiedene Aufgaben für eine gegebene Anzahl von Stunden pro Tag freiwillig übernehme und erfülle. Dafür würde der Einzelne alles bekommen, was er zum Leben braucht, als Ausgleich für seine Arbeit: Nahrung, Kleidung, Wohnung, Energie, Bildung, medizinische Fürsorge, Transport und alle weiteren Lebensnotwendigkeiten. Auf diese Weise würde jedes Individuum die gleiche Entlohnung für die gleiche Anzahl von Arbeitsstunden bekommen, und alle würden genug haben, um ein erfülltes Leben zu führen. Diese Art der sozialen Gleichheit [bzw. Gleichwertigkeit und Gerechtigkeit, Anm. des Übersetzers] kann jedoch nur erzielt werden, wenn die Menschheit im Gleichgewicht mit der Natur lebt. Nur dann wäre es möglich, allen Erdenbewohnern eine gleichwertige Bildung und sinnvolle Arbeit zur Verfügung zu stellen, durch die unsere Wirtschaft natürlich blühen und gedeihen würde. Solch ein System ist zugegebenermaßen weit von der heutigen Wirklichkeit entfernt, aber es ist nichtsdestoweniger erreichbar und aller Mühen wert.
 
Unser gegenwärtiges System, das auf dem unlogischen Konzept des unbegrenzten Wirtschaftswachstums und dem Horten von materiellen Reichtümern seitens eines kleinen Bruchteils unserer globalen Bevölkerung basiert, ist die Ursache der Wirtschaftsstagnation und des Sozialzerfalls, unter denen wir heute leiden, und ist nicht mehr tragbar. Wenn wir unseren Planeten retten und das Leben auf Erden noch lebenswürdig für zukünftige Generationen hinterlassen wollen, ist es an der Zeit für uns, die Grundlage für eine wirklich menschliche Gesellschaft zu legen, in der universelle Werte kultiviert werden, die alle Menschen vereinen und den Weltfrieden fördern, und wo die Menschheit in Harmonie mit der Natur lebt und die natürlichen Freiheiten und Rechte aller Menschen völlig respektiert. Wir können jedoch das alles nur erreichen, wenn wir bereit sind, mehr soziale Verantwortung anzunehmen, indem wir auf eine wahre Volksdemokratie hinarbeiten, in der wir, die Menschen, an den Entscheidungsprozessen unserer Regierung aktiv teilnehmen und mittels Volksentscheide direkt über alle Fragen abstimmen können, die unser Leben betreffen (siehe „Gleichheit für alle“ und „Gleichwertigkeit“ von Rebecca Walkiw).
 
Die direkte demokratische Teilnahme spiegelt sich auch in den von den Studenten aus Port Huron formulierten Grundprinzipien, die da sagen: „dass die wirtschaftliche Erfahrung für das Leben des Einzelnen so entscheidend ist, dass die Einzelperson an deren vollständigen Bestimmung beteiligt werden muss“ und „dass die Wirtschaft selbst einen so hohen sozialen Wert hat, dass ihre Hauptressourcen und Produktionsmittel für eine demokratische Beteiligung offen stehen müssen und einer demokratischen sozialen Regelung unterliegen müssen.“ Heute hat eine kleine, jedoch wachsende Zahl der globalen Bevölkerung – via Computers und Informationstechnologie – Zugang zu einer Fülle vom Wissen betreffend innovative Pionierwissenschaften, die Geisteswissenschaften und das Leben im Universum, was uns allen helfen kann, einen gewaltigen Sprung in unserem gesamten menschlichen Bewusstsein wie auch in unserer menschlichen Entwicklung zu machen (siehe www.figu.org). Wenn wir es lernen, nach den Naturgesetzen zu leben und immer nach der Wahrheit in unserer bewusstseinsmäßigen und humanitären Entwicklung zu streben, wird unser Traum von einer wahren menschlichen Gesellschaft Wirklichkeit werden. In Anbetracht des Vorangegangenen denke ich, dass es sich sicherlich lohnt, heute ein Geschäft aufzumachen und überall dort wo nur möglich sinnvolle Arbeit zu schaffen, damit immer mehr Menschen durch ihre eigenen kreativen Bemühungen eine Existenz aufbauen können und anderen helfen, das Gleiche zu tun. Das würde nicht nur die humanitäre Situation in unserer Gesellschaft verbessern, sondern auch die gesamte Wirtschaft stärken. Würden alle Menschen zu einer globalen Familie vereinen und im Geist der Brüderlichkeit zusammenarbeiten, könnten wir unsere globale Wirtschaft nicht nur stärken, sondern das von den Studenten aus Port Huron angestrebte Hauptziel auch noch erreichen, nämlich eine Welt zu schaffen, „wo Hunger, Armut, Krankheit, Unwissenheit, Gewalt und Ausbeutung als zentrale Eigenschaften durch Überfluss, Vernunft, Liebe und internationale Zusammenarbeit ersetzt werden.“ Diese Vision, die meiner Meinung nach dem höchsten Ziel unserer globalen Menschheit entspricht, hat ein weiterer Sprössling der gleichen Generation in folgende Worte gelegt:
 
Stell dir vor es gäbe keinen Besitz,
ich frag mich ob du’s kannst,
kein Grund für Gier oder Hunger,
nur eine Bruderschaft der Menschen.
 
Stell dir vor alle Menschen teilten sich die ganze Welt...
Du kannst sagen ich bin ein Träumer
aber ich bin nicht der Einzige.
Ich hoffe du schließt dich uns eines Tages an,
Und die Welt wird vereint sein.“
 
(Aus „Imagine“ von John Lennon)
 
 
Schliess Dich uns an im Kampf für...

eine Globalbevölkerung im Gleichgewicht mit der Natur,
sinnvolle Arbeit, Gleichwertigkeit und ein Leben in menschlicher Würde für alle Menschen,
eine multinationale Friedenskampftruppe, um den Weltfrieden wiederherzustellen und zu sichern,
eine direkte Demokratie mit Volksabstimmungen weltweit,
eine menschliche Gesellschaft geleitet von Wahrheit, Wissen, Weisheit, Vernunft und Liebe,
einen gesunden Planeten mit genügend Raum und Ressourcen, um alles Leben auf Erden zu erhalten...
 
Zusammen werden wir siegen.
Werden die Zeiten hart, sind die Zähen daran!
 
Januar 2007